Die SAP bietet seit einigen Jahren die „SAP Best Practices“ an. Diese umfassen vorkonfigurierte Prozessabläufe und Prozessketten, so genannte „Scope Items“, speziell für SAP S/4HANA und decken zentral strukturierte Geschäftsbereiche ab – z. B. Finanzen, Einkauf, Vertrieb, Produktion und Logistik. Laut SAP stammen sie aus kumulierten Erfahrungen zahlreicher Projekte und sollen eine Art „schlüsselfertigen“ Standard bieten, der sich branchenspezifisch oder technologisch bewährt hat.

Wie genau die Best Practices aufgebaut sind und was man erwarten kann, erläutern wir in unserem heutigen Blogbeitrag.

Was sind die SAP Best Practices?

SAP Best Practices sind vordefinierte, integrierte und praxiserprobte Geschäftsprozesse, die von SAP speziell für SAP S/4HANA kontinuierlich optimiert werden. Sie dienen als bewährte Standards, um zentrale Abläufe – beispielsweise in Buchhaltung oder Logistik – besonders effizient und zuverlässig abzubilden. Im Mittelpunkt steht dabei immer die Frage nach dem besten Weg, um einen Geschäftsprozess in SAP umzusetzen.

Für Unternehmen bedeutet das: Mit SAP Best Practices erhalten sie nicht nur die reine Software, sondern profitieren von umfangreichem Erfahrungswissen, das SAP aus zahlreichen Kundenprojekten gewonnen hat. Dieses Know-how fließt in die Entwicklung der Best Practices ein und ermöglicht es, branchenspezifische Anforderungen schneller und standardisiert umzusetzen.

Wesentliche Bausteine der SAP Best Practices sind sogenannte „Scope Items“ – einzelne, aktivierbare Prozesspakete, die sich gezielt an die eigenen Anforderungen anpassen lassen. Auf diese Weise unterstützen Best Practices Unternehmen dabei, ihre grundlegenden Geschäftsanforderungen zu erfüllen und gleichzeitig die Einführung der SAP-Software deutlich zu beschleunigen – denn dies ist eine der zentralen Strategien für die Best Practices, dazu aber unten mehr.

Auf der Seite des SAP Signavio Process Navigators können die Prozesse als Ganzes eingesehen bzw. spezifische Prozesse gesucht werden. Früher stand hierfür noch der „Best Practice Explorer“ bereit, welcher aber mittlerweile abgelöst wurde und nur noch auf den Prozessnavigator verlinkt. Dort lassen sich die einzelnen Scope Items ansehen, inklusive End‑to‑End‑Prozesse als Diagramme, Testskripte und Anleitungen.

Signavio Prozessnavigator
Quelle: https://me.sap.com/processnavigator/SolS/EARL_SolS-055/2023-FPS02?region=DE

Je Prozess, welcher eine Beschreibung und eine dreistellige Kennzahl besitzt, gibt es ein ausführliches Prozess-Diagramm, eine Übersicht sowie den Kernprozessablauf, die Relevanz hinsichtlich Branche oder Länder, weitere Informationen sowie das Testskript.

SAP Best Practices: Prozess Diagramm
Quelle: https://me.sap.com/processnavigator/SolS/EARL_SolS-055/2023-FPS02/SolP/1VD?region=DE

Das Testskript ist eine sehr detaillierte Klickanleitung, welche dem Nutzer alle Infos bereitstellt, um im SAP sicher durch den Prozess zu navigieren. Alle benötigten Daten von Stammdaten bis Zusatzinformationen finden sich hier. Im Folgenden ein Auszug aus dem Skript zu Prozess 1VD:

SAP Best Practices: Test Skript
Quelle: https://me.sap.com/processnavigator/SolS/EARL_SolS-055/2023-FPS02/SolP/1VD?region=DE

Vorteile und Chancen der Best Practices

Gut dokumentierte und bei der SAP bewährte Prozesse also. Doch was sind weitere Vorteile oder Chancen für Unternehmen mit den Best Practices? Dazu gehören folgende:

  1. Standardisierung und Skalierbarkeit: Bewährte Verfahren sorgen für einheitliche, flexible Abläufe – besonders hilfreich bei Zusammenarbeit mit Partnern, Lieferanten oder globalen Tochtergesellschaften

  2. Clean-Core‑Ansatz: Vordefinierte Prozesse unterstützen eine homogene Systemlandschaft und erleichtern zukünftige Updates und Innovationseinspielungen, z. B. in der S/4HANA Cloud Public Edition

  3. Kosteneinsparung & Compliance: Durch verringerte Individualentwicklung sinken Aufwand und Kosten – zugleich unterstützen viele vordefinierte Prozesse die Einhaltung rechtlicher Anforderungen

  4. Schnellere Implementierung: Da viele Prozesse vorkonfiguriert sind, lässt sich SAP S/4HANA unter reduzierter Projektzeit einführen

  5. Integration in SAP Activate: Teil des methodischen Frameworks für S/4HANA‑Einführungen, das in Phasen wie Prepare, Explore, Realize, Deploy und Run gegliedert ist

Grenzen und Herausforderungen

Wie so oft sind standardisierte Prozesse nicht für jedes Unternehmen passend. Ein „One‑size‑fits‑all“ ist selten realistisch. Unternehmensprozesse weichen häufig von SAP‑Standardprozessen ab und müssen angepasst werden. Sind diese Anpassungen nur gering, ist es noch tragbar. Bei hohem Anpassungsbedarf ist jedoch ein komplett neues Aufsetzen der Prozesse meist effizienter, da diese von Anfang an eingestellt werden können und nicht die Änderungsbedarfe und Gaps evaluiert werden müssen.

Auch die Standard-Prozesse sind nicht immer 100% verlässlich. Bei eigenen Tests rund um das SAP EWM und die Logistik-Prozesse traten Fehler auf und die Testskripte halfen nicht immer weiter. Hier ist dann trotzdem ein gewisses EWM-Wissen gefragt, um bestehende Probleme zu lösen.

Einführung der Best Practices als sinnvolle Entscheidung?

Ob die Einführung der Best Practices bei Kunden, die das System aktiv für sich nutzen, am Ende sinnvoll ist oder nicht, ist wie so oft individuell abhängig. Dazu muss im Unternehmen evaluiert werden, wie speziell die Prozesse sind und wie sehr sie vom Standard abweichen. Änderungen an den Best Practice Prozessen können natürlich auch vorgenommen werden, sie weichen dann aber natürlich auch ab und verlieren gewisse Vorteile. Kommen Sie auf uns zu, wenn Sie Best Practices für Ihr Unternehmen erwägen!

Für Beratungsunternehmen jedoch können die Prozesse eine solide Grundlage für z. B. Trainingssysteme darstellen, die durch die Aktualisierung der Best Practices ebenfalls immer auf dem neusten Stand bleiben. Wir bei der Flexus haben hier etwa einen extra Mandanten eingerichtet, auf dem auch nur diese Prozesse laufen – und nichts bis wenig verändert. Auf anderen Mandanten schließlich laufen komplett eigen eingestellte und runde Prozesse und auf einem weiteren, hiervon kopierten Mandaten können diese schließlich täglich verändert werden, neue Prozesse ausprobiert und Kundenfälle simuliert werden. So garantieren wir zwei immer voll-funktionierende Mandanten (Best Practice und individuell) und einen, auf welchem sich unsere Berater austoben und ausprobieren können.

Fazit

SAP Best Practices sind eine nützliche Grundlage für einen zügigen, methodisch gut begleiteten Einstieg in SAP S/4HANA – besonders bei Projekten mit Standardszenarien. Sie bieten eine solide Basis, insbesondere bei Cloud-Implementierungen und systematischen Updates. Gleichzeitig erfordern sie ein realistisches Verständnis dafür, dass sie in den meisten Fällen nicht ohne individuelle Anpassung funktionieren und nicht ganz so einfach einzuführen und bedienen sind, wie teils erwartet.

Welche Erfahrungen wir im Bereich der Best Practices konkret mit EWM gemacht haben und wie wir die Prozesse auch für uns nutzen möchte, erfahren Sie in unserem nächsten Blogbeitrag. Bleiben Sie gespannt!