Es ist unerlässlich, dass SAP-EWM-Einführungsprojekte realistisch geplant werden. Das betrifft im Wesentlichen die Faktoren Budget, Dauer und Benefits. Teilweise wird das Budget zu niedrig gesetzt, die Dauer zu optimistisch geschätzt oder das Projekt erzielt nicht die erwünschten bzw. erwarteten Vorteile. Jeder Faktor muss gut ausgearbeitet und geplant sein. Eine unrealistische und damit scheiternde Planung hat leider schon einigen Projektleitern ihre Stelle gekostet. Um dies zu vermeiden, empfehlen wir stets die Einbindung eines SAP-EWM-Experten von Beginn an. Dieser bringt viel Erfahrung mit und kennt die klassischen Fallstricke. Fehler kann dieser meist von vornherein vermeiden oder zumindest einschränken.
Auch wir haben über den Verlauf unzähliger Projekte immer wieder ähnliche Fehler und Fallstricke bei verschiedenen Kunden beobachten können – und konnten immer frühzeitig gegensteuern und haben damit schlimmere Folgen verhindert. Um auch Ihnen diese Erkenntnisse zugänglich zu machen, haben wir im folgenden Blogbeitrag die aus unserer Sicht wichtigsten Punkte aufgelistet, die für eine erfolgreiche EWM-Einführung zu beachten sind.
1. Das Projekt richtig beginnen
In der Phase zu Beginn des Projekts ist es wichtig, alle relevanten Personen (Stakeholder) zu informieren und einen offiziellen Projekt-Kick-Off durchzuführen. Die Teammitglieder sollten sich ihrer Rolle und damit auch ihrer Verantwortungen bewusst sein. Manche Unternehmen teilen sogar die Budgetverantwortung auf, um das Bewusstsein für die Ressourcen zu stärken. Im Projektverlauf sollte stets auf die Meinung der Stakeholder eingegangen werden, es muss jedoch auch klar werden, welche Punkte z. B. mal nicht umzusetzen sind und dass nicht einfach nur aus Prinzip an alten Prozessen festgehalten wird. Wenn das Team zu Beginn richtig abgeholt wird, ist dieses im kommenden Verlauf auch meist deutlich motivierter.
Auch sollte das ausgewählte Beratungshaus relativ früh in den Projektablauf miteinbezogen werden, z. B. bevor sich zu viele Gedanken um die Anforderungen gemacht werden. Denn das ist ein ebenfalls sehr relevanter Prozess, der ungeführt in die falsche Richtung gehen kann. Teilweise sind Anforderungen nämlich sehr aufwändig oder auch gar nicht umzusetzen und müssen daher grundlegend überdacht werden. Daher ist das auch unser nächster Punkt, den wir empfehlen:
2. Die Anforderungen definieren und priorisieren
Die Anforderungen können durch das Projektteam bereits grob skizziert werden. Die Abteilungsleiter sollten die Prozesse sammeln, die im Lager aktuell relevant sind. Bei dieser Sammlung der Anforderungen sollten folgende Fragen gestellt werden:
- Welchen Mehrwert bringt diese Anforderung?
- Welche Anforderungen sind aktuell/direkt dringend und wichtig?
- Welche Anforderungen sind für den Projekterfolg unerheblich?
- Welche werden erst zu einem späteren Zeitpunkt relevant?
Mit dieser Hinterfragung wird zuerst einmal geklärt, welche Anforderungen überhaupt relevant sind (irrelevante Punkte sollten abgelehnt werden) und wie hoch priorisiert diese sind. Einige Punkte sind hierbei unbedingt erforderlich, andere sollten umgesetzt werden, da diese deutlichen Mehrwert bringen, wieder andere können umgesetzt werden und zuletzt gibt es die Punkte, die nicht umgesetzt werden. Dafür kann sich an folgender Grafik orientiert werden:
Die Priorisierung der Anforderungen und das Hinterfragen dieser ist eine stetige Aufgabe und sollte über den Projektverlauf hinweg durchgeführt werden.
Es ist wichtig bei der Aufnahme der IST-Prozesse und daraus folgend der Anforderungen, genau zu überlegen, welche Prozesse/Anforderungen im Lager vorhanden sind. Häufig vergessen Kunden spezifische „Sonderlocken“ und sehen erstmal nur die überschaubaren und normalen Prozesse. Kommen diese zu spät im Projektverlauf auf, können sie nochmal deutlichen Mehraufwand generieren. So fallen dann noch gewisse Materialien auf, welche nicht bestandsgeführt sein sollen, aber Lagerplätze belegen oder ein Lagerbereich, welcher nur im Sommer verwendet werden kann. Viele Themen sind hier trotzdem gut umzusetzen, je früher diese doch erkannt werden, desto besser. So werden diese z. B. auch im Pflichtenheft aufgenommen. Alles, was danach kommt, endet meist als CR (Change Request) – mit entsprechend organisatorischem Mehraufwand.
Die genauen Anforderungen werden in enger Zusammenarbeit mit dem EWM-Berater detailliert besprochen und es wird überlegt, wie diese im SAP EWM umgesetzt werden können. Das läuft meist in den Konzeptions-Workshops ab, in welchen die SOLL-Prozesse definiert werden. Gegebenenfalls muss die Priorisierung der Anforderungen hier nochmal überdacht werden. Bei der Definition und Priorisierung der einzelnen Anforderungen sollte jedoch noch ein Punkt nicht vernachlässigt werden:
3. Die Orientierung am SAP-EWM-Standard
Die Nähe zum SAP-Standard sollte – wie bei SAP generell, aber auch im SAP EWM – so weit wie möglich beibehalten werden. Je mehr individuelle Entwicklungen ein System später enthält, desto schwieriger wird es, wieder zum Standard zurückzukehren oder Neuerungen von SAP mitzugehen. Der Rückbau bzw. Umbau solcher Eigenentwicklungen erfordert stets wertvolle Zeit. Können Prozesse später im Lager durch Eigenentwicklungen erheblich verbessert werden oder sind sie gar zwingend erforderlich, sollte der Einsatz und die Umsetzung gut konzeptioniert werden.
Falls Sie von einem SAP WM oder einem Drittanbieter-WMS kommen und auf das SAP EWM migrieren, nutzen Sie die Chance, Ihre Lagertopologie und die bestehenden Prozesse zu überdenken, statt diese einfach zu übernehmen. Hinterfragen Sie Ihre Abläufe und passen Sie sie – wo immer möglich – an den SAP-Standard an.
Ob eine Abweichung vom SAP Standard schwerwiegend enden könnte oder nicht, ist jedoch auch abhängig von den einzelnen konkreten Fällen. Unsere Flexus SAP Entwicklungen etwa zählen hier nicht dazu, da wir die Standard-Funktionen und Schnittstellen nutzen. Tiefe Eingriffe in die Logiken des SAP durch etwa BAdIs sollten hingegen vorher überdacht und abgewogen werden.
4. Das Projektmanagement und agiles Arbeiten
Für ein erfolgreiches Projekt ist das Projektmanagement unabdingbar. Dieses führt das Projekt und stellt sicher, dass alles so wie geplant verläuft bzw. plant Dinge neu ein, sollte sich etwas verschieben. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass durch ein weitgehend neutrales Projektmanagement viele Herausforderungen besser gemeistert werden konnten, weshalb wir bei Flexus ein eigenes Projektmanagement-Team haben, welches in jedem Projekt nach Bedarf unterstützt. Das Team übernimmt hierbei das Monitoring des Budgets, klärt die organisatorische Abwicklung von z. B. CRs oder Angeboten, steht bei möglichen Eskalationen möglichst neutral bei und behält stets den Blick auf die Timeline bei.
Weiterhin hat ein agiles Vorgehen im Projekt viele Vorteile, auch hier kann das Projektmanagement helfen. Durch Priorisierung kann flexibel und kurzfristig auf geänderte Anforderungen reagiert werden. Ein eingespieltes agiles Team arbeitet in der Regel effizienter als im klassischen Wasserfallmodell. Zudem können Stakeholder regelmäßig neue Zwischenstände sehen und diese direkt im Q-System nachtesten. So erhalten sie schnell ein Gefühl für das neue System und die neuen Prozesse und können bei Abweichungen zu Ihren Vorstellungen frühzeitig eingreifen.
Agil bedeutet dabei keinesfalls planlos, wie manche den Eindruck haben. Das Vorgehen nach SCRUM ist etwa fest definiert mit festen Zeiträumen und Zielen – fordern Sie daher die Sprintergebnisse auch aktiv ein und optimieren Sie das agile Team kontinuierlich. Ein erfahrener Scrum Master kann hierbei entscheidend sein.
Binden Sie zudem den Fachbereich so früh wie möglich in die Tests ein. Oft identifiziert er Anforderungen, die vom Product Owner oder den Stakeholdern nicht berücksichtigt wurden, aber relevant sind. Der Fachbereich trägt hierbei Verantwortung – fordern Sie daher Testergebnisse auch aktiv von diesem ein. Ein Sprint gilt normal erst als abgeschlossen, wenn alle Tests erfolgreich durchgeführt und dokumentiert wurden. So sind regelmäßige und qualitative Fortschritte gesichert.
5. Das Change-Management, Tests und Schulungen
Häufig unterschätzen Kunden zudem die Zeit für das Testen der Prozesse und des neu aufgesetzten Systems. Diese sind jedoch essentiell und gewährleisten später den erfolgreichen Go-Live. Dasselbe gilt für die Schulungen: Nur gut geschulte Mitarbeiter können im neuen EWM System sinnvoll arbeiten. Hierzu sollte ein durchdachtes Testkonzept und eine gute Schulungsstrategie entworfen und verfolgt werden. Damit die Tests auch gewissenhaft durchgeführt werden können, sollte den Testern genügend Zeit eingeräumt werden. Dazu zählt dann auch die Anpassung der möglichen Fehler, die dabei entdeckt werden könnten. Häufig wird hier zu wenig Zeit eingeplant und zum Ende hin wird es stressig und die Qualität und Stimmung sinkt.
Die Schulungen sind auch deshalb wichtig, um die betroffenen Mitarbeiter im Lager gut abzuholen. Diese müssen am Ende täglich mit dem neuen SAP EWM System arbeiten. Werden sie nicht richtig eingelernt oder verstehen sie ihre neuen Aufgaben nicht, sind sie nur wenig motiviert. Ein richtiges Change-Management bereitet hierfür jegliche Mitarbeiter vor. Es kann zudem auch sinnvoll sein, bereits bei den Tests (z. B. UAT – User Acceptance Tests) oder gar noch früher bei der Konzeption immer mal auf die Lagermitarbeitenden zuzugehen und diese nach ihrer Meinung zu fragen. Häufig kommen hier nochmal vergessene Prozesse / Punkte auf oder neue Ideen. Weiterhin hat die Belegschaft dadurch das Gefühl und die Möglichkeit, dass sie in gewissem Maße ihre Meinung einbringen kann – und nicht einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.
6. Einplanung von Erweiterungen
Berücksichtigen Sie auch neue Themen oder Erweiterungen frühzeitig. Einige unserer Kunden sind z. B. nicht mit der mobilen SAP Lösung, dem RFUI, zufrieden und führen zusätzlich zum EWM auch mobile Fiori EWM Apps ein. Für viele Kunden ist das ein ausschlaggebender Grund, sich für uns als SAP-EWM Implementierungspartner zu entscheiden, da wir umfangreiche Flexus EWM Apps im Repertoire haben und diese meist direkt mit dem SAP EWM einführen. Unsere Apps sind benutzerfreundlicher und moderner als das SAP RFUI und bieten zusätzliche hilfreiche Funktionen im Lager. Neben den EWM Apps bieten wir auch mobile Apps aus anderen SAP Modulen. In diesem Kontext können Sie sich zudem Gedanken machen, ob Sie einen Industrie-Browser (wie unseren TheFlex) benötigen.
Viele dieser Punkte können auch in einer zweiten Phase des Projekts betrachtet werden. Ist jedoch schon vorher bekannt, was noch kommen kann, kann dies frühzeitig in die Konzeption einbezogen werden.
7. Go-Live Betreuung und Support
Nachdem der Projektplan steht, sollten Sie sich auch Gedanken um einen passenden Go-Live Termin machen. In diesem Kontext sollte auch abgeklärt werden, ob der Implementierungspartner eine Vor-Ort Betreuung bei Go-Live anbietet, sowie danach in der Hypercare-Phase erweitert erreichbar ist, um bei auftretenden Problemen im Produktivbetrieb schnell reagieren zu können. Für die Zeit nach der Hypercare-Phase sollte außerdem die Möglichkeit auf Support weiterhin vorhanden sein, denn im laufenden Betrieb wird zwar immer seltener, aber trotzdem immer wieder Unterstützung benötigt.
Wir bei Flexus bieten all dies an – und noch mehr: Denn, wenn Sie beispielsweise unsere Flexus EWM-Apps abonnieren, bekommen Sie hier regelmäßig die neuesten Updates kostenfrei zur Verfügung gestellt. So bleiben Sie auch nach der Einführung stetig auf dem neuesten Stand!
Fazit
Die Einführung von SAP EWM ist ein nicht zu unterschätzendes Vorhaben – es gibt unzählige Fallstricke und Fehler, die begangen werden können. Ein durchweg reibungsloses und perfektes Projekt wird sich so wohl nie durchführen lassen. Spätestens der Faktor Mensch bringt immer unvorhersehbare Möglichkeiten mit ins Spiel. Jedoch lassen sich mit den genannten Punkten die meisten Herausforderungen bereits früh erkennen und viele Fehler können verhindert werden.
Lassen Sie uns nochmal zusammenfassen:
- Bei Projektstart sollten alle Projektbeteiligten über Projektziel, Projektablauf und Verantwortlichkeiten aufgegleist werden.
- Alle Anforderungen sollten stets gut definiert und priorisiert werden.
- Der SAP-Standard sollte immer zur Orientierung hergenommen werden, um am Ende eine lauffähige, stabile, wartbare und Aufwand-reduzierte Lösung zu erhalten.
- Es sollte Wert auf ein starkes Projektmanagement und einen agilen Ansatz gelegt werden, um schnelle Ergebnisse und einen überwachten Projektablauf zu erzielen.
- Die Mitarbeitenden/Enduser sollten mithilfe eines durchdachten Change-Managements, Tests und Schulungen bereits vor Go-Live so gut es geht in die Neueinführung einbezogen werden.
- Die Chance, weitere Erweiterungen im Zuge der EWM-Einführung miteinzubeziehen, sollte genutzt und jene rechtzeitig eingeplant werden, um das volle Optimierungspotential auszuschöpfen.
- Es sollte auf eine ausreichende Betreuung vor, während und nach Go-Live geachtet werden. Auch ein weiterführender Support nach Projektschluss sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Speichern Sie sich diesen Beitrag gerne ab, um sich an den einzelnen Punkten bei Ihrer kommenden SAP EWM Einführung zu orientieren!
Schauen Sie auch auf unserer EWM-Beratungsseite vorbei – hier erläutern wir genauer, wie wir in unseren EWM Projekten vorgehen.
Falls Sie noch einen geeigneten Partner für die SAP EWM Einführung oder generell Hilfe im Umfeld benötigen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – unsere Berater helfen Ihnen gerne weiter!