Die Migration von SAP Logistics Execution – Warehouse Management (LE-WM) zu SAP Extended Warehouse Management (EWM) ist ein wichtiger Schritt für Unternehmen, die ihre Lagerhaltung und Logistikprozesse optimieren möchten. Ein wesentlicher Grund für eine solche Migration ist das bevorstehende Wartungsende von SAP LE-WM im Jahr 2027. Nach diesem Zeitpunkt wird SAP keine weiteren Support- oder Wartungsleistungen mehr für LE-WM bereitstellen, was für Unternehmen ein erhebliches Risiko darstellt.
Sind auch Sie von der Umstellung betroffen und haben eine Reihe Fragezeichen im Kopf? Wir möchten Ihnen die Angst vor der Migration nehmen!
Warum SAP EWM?
SAP EWM ist die moderne und umfassende Lagerhaltungslösung von SAP, die zahlreiche Funktionen und Vorteile bietet, um die Effizienz und Effektivität von Lagern und Lagerhaltungsprozessen zu steigern. Im Vergleich zu SAP WM bietet SAP EWM eine höhere Skalierbarkeit, flexiblere Konfigurationsmöglichkeiten und eine bessere Integration mit anderen SAP- und nicht-SAP-Systemen. Zudem unterstützt SAP EWM die neuesten Technologien und Standards, wie zum Beispiel die Unterstützung von Echtzeitdaten und die Integration von IoT-Geräten. Mit der Zeit möchte SAP deshalb die Verwendung des LE-WM einschränken bzw. komplett einstellen. Aktuellen Nutzern bleibt damit nur die Umstellung auf das funktionsarme „Stockroom Management“ oder eben SAPs Lagerverwaltungssystem der Zukunft – das Extended Warehouse Management (EWM). Mehr zum Thema finden Sie hier.
Schrittweise Umstellung von SAP WM zu SAP EWM
Gute Vorbereitung ist alles – Wo scheitern die Migrationstools der SAP?
Für die Migration bietet SAP zwar einige Funktionen an, um den Aufwand möglichst gering zu halten. Dennoch müssen einige wichtige Fakten zur Kenntnis genommen und Vorbereitungen getroffen werden.
- Im Allgemeinen werden Transaktionsdaten von LE-WM nicht an EWM übertragen, daher müssen alle Belege beim Start der Migration abgeschlossen sein. Das bedeutet z. B., dass offene Transportbedarfe und -aufträge nicht übertragen werden und deshalb so gut es geht vor der Migration im alten System zu Ende gebracht werden sollten. Auch muss darauf geachtet werden, dass sich keine An- oder Auslieferungen in Bearbeitung befinden und keine Inventuren offen sind. Falls das nicht möglich ist, müssen diese Lieferungen im Laufe der Migration gesondert behandelt werden.
- Existierende RF-Transaktionen werden nicht automatisch von LE-WM an EWM übertragen: Existierende RF-Transaktionen sind Transaktionen, die über drahtlose mobile Geräte (RF = Radio Frequency) in einem SAP LE-WM-System durchgeführt wurden. Beispiele sind die Bestätigung des Empfangs oder Versand von Waren oder die Durchführung von Kommissionierungsaufgaben. Dies kann zu Problemen führen, wenn auf historische Transaktionsdaten zugegriffen werden soll, um Lagerhaltung und Logistikprozesse zu analysieren.
- Systemnutzer und die zugeordneten Autorisierungsrollen und -profile werden nicht automatisch von LE-WM an EWM übertragen: Systemnutzer sind die Benutzer, die Zugriff auf das SAP-Lagerhaltungssystem haben und verschiedene Funktionen und Prozesse ausführen können. Jeder Systemnutzer hat eine oder mehrere zugeordnete Autorisierungsrollen und -profile, die seine Berechtigungen und Zugriffsebenen im System definieren. Wenn Sie von SAP LE-WM auf SAP EWM migrieren, müssen Sie also Systemnutzer und ihre zugeordneten Autorisierungsrollen und -profile neu erstellen und zuordnen.
- Die bestehenden Migrationstools migrieren keine Anpassungen: Aufgrund der breiteren Funktionalität in EWM weicht das Customizing von LE-WM ab. Deswegen können Customizing-Einstellungen nicht 1:1 aus dem WM-System übernommen werden. Es ist auch wichtig zu beachten, dass einige Anpassungen in LE-WM möglicherweise in EWM nicht mehr erforderlich sind oder durch standardmäßige EWM-Funktionen ersetzt werden können. In solchen Fällen müssen die Anpassungen überdacht werden, um sicherzustellen, dass sie weiterhin den Geschäftsanforderungen entsprechen und das System nicht unnötig verkomplizieren.
- Kundenspezifische Objekte werden nicht übertragen: Kunden-spezifische Objekte sind im SAP-System angepasste oder erweiterte Objekte, die vom Kunden erstellt wurden, um seine spezifischen Geschäftsanforderungen zu erfüllen. Dies kann zum Beispiel Customizing-Optionen, kundenspezifische Funktionen, Berichte oder Programmcode sein. Wenn Sie von SAP LE-WM auf SAP EWM migrieren, werden diese spezifischen Objekte normalerweise nicht automatisch übertragen und sind nach der Migration nicht mehr verfügbar. Daher müssen derartige Objekte manuell ins neue System übertragen werden.
Die Schritte der Migration im Schnelldurchlauf
Eine Migration von SAP LE-WM zu SAP EWM kann durch eine Reihe von Schritten durchgeführt werden, die in einer bestimmten Reihenfolge ausgeführt werden sollten. In diesem Blogbeitrag können wir natürlich nicht auf alle Schritte im Detail eingehen, sondern wollen Ihnen einen groben Leitfaden bieten.
1. RFC-User
Zunächst müssen Sie einen RFC-Benutzer in LE-WM erstellen, der für den Datenaustausch der Migrationswerkzeuge, also der von SAP bereitgestellten Funktionen für die Migration, verwendet werden soll. Ein RFC-User (Remote Function Call User) ist ein Benutzerkonto in einem SAP-System, das für den Remote Function Call (RFC) verwendet wird. Dies ist eine Technologie, die es ermöglicht, Funktionen in einem SAP-System von einem anderen System aus aufzurufen. Das RFC-User-Konto wird verwendet, um die Authentizität und Autorisierung des aufrufenden Systems zu überprüfen, wenn eine RFC-Verbindung hergestellt wird. Das Konto kann entweder ein dediziertes Konto sein, das nur für RFC-Verbindungen verwendet wird, oder es kann ein existentes Benutzerkonto im SAP-System sein. In der Regel wird ein dediziertes RFC-User-Konto verwendet, um sicherzustellen, dass die Authentizität und Autorisierung des aufrufenden Systems unabhängig von den Benutzerkonten im SAP-System überprüft werden können.
2. Benutzer-Konten
Für die Ausführung der Migrationswerkzeuge können Sie (optional) einen eigenen Benutzer in EWM erstellen, um die Sichtbarkeit von Objekten (z. B. Lagerplätze, Lagerdokumente), die während der Migration erstellt werden, bereitzustellen.
Als nächstes sollten Sie Benutzer in EWM für die Ausführung von Lagerprozessen erstellen, wobei auch Benutzer von mobilen Geräten und erforderliche Berechtigungen für verschiedene Arten von Anwendern berücksichtigt werden sollten. Wie vorher bereits erwähnt werden diese Daten nicht aus dem bestehenden System übernommen und müssen daher manuell gepflegt werden.
3. Organisatorische Daten
Im nächsten Schritt sollten Sie organisatorische Daten wie Lagernummer und Lagertypen erstellen. Die Lagernummer für das EWM muss zunächst im Customizing angelegt und richtig auf die LE-WM-Lagernummer gemappt werden. Außerdem müssen die Lagerlayout-Elemente wie Lagertypen, Lagerbereiche, Lagerplatztypen usw. angelegt werden. Hierfür bietet SAP ein Lagerlayout-Migrationswerkzeug an.
4. Customizing
Anschließend sollten Sie Customizing-Einstellungen pflegen, die Ihre Lagerprozesse widerspiegeln. Eine Umstellung auf SAP EWM bietet immer die Möglichkeit einer Neustrukturierung bzw. Optimierung der Prozesse im Lager. Daher könnte eine Neuerstellung für Sie von Bedeutung sein. Ansonsten haben Sie auch die Option, die bestehenden Prozesse mit dem Migrationswerkezug für prozessübergreifende Einstellungen aus LE-WM zu übernehmen.
Zudem sollte Customizing im Zusammenhang mit dem Produktstamm vorgenommen werden, wie z. B. die Einstellungen zur Einlagerstrategie.
5. Weiterführende Lagerplätze
Zusätzlich zu den „normalen“ Lagerplätzen, die in einem späteren Schritt migriert werden, werden weiterhin systemische Lagerplätze für Bereitstellzonen (Wareneingang, Warenausgang), Tore oder Übergabeplätze benötigt. Diese Lagerplätze können Sie hier bereits im EWM anlegen.
6. Materialstämme und Chargen
Im Falle eines dezentralen EWM auf S/4HANA müssen Sie die Materialstämme und Chargen-Daten sowie die Klassifizierungsdaten an EWM unter Verwendung von Application Link Enabling (ALE) IDOC oder Data Replication Framework (DRF) verteilen. In einem embedded EWM ist dieser Schritt nicht notwendig, da beide Systeme (ERP und EWM) auf dieselben Stammdaten zugreifen können. Mehr zum Unterschied dezentral und embedded können Sie hier nachlesen.
7. Werksdaten und Lagerproduktstämme
Materialstämme müssen für das jeweilige Werk übertragen und für die nötigen Lagerorte erweitert werden. Lagerorte können z. B. für Waren im Wareneingang (ROD = Received on Dock), Waren, die bereit zur Auslagerung sind (AFS = Available for Sale) oder für gesperrte Waren angelegt sein. Das EWM-System benötigt außerdem neben den Materialstammdaten aus dem ERP-System weiterführende Daten für die Lagerung der Waren. Deshalb müssen entsprechende Lagerproduktstämme angelegt und mit Informationen (z. B. dem Einlagersteuerkennzeichen für die Auswahl der richtigen Einlagerstrategie) angereichert werden. Auch hierfür bietet SAP entsprechende Werkzeuge an, mit denen anhand einer CSV-Datei Daten einfach ins System hochgeladen werden können.
8. Mengeneinheiten und Palettierungsdaten
Im Anschluss sollten Sie Mengeneinheiten (UoM = Unit of Measure) und Palettierungsdaten unter Verwendung des Migrationswerkzeugs migrieren. EWM nutzt für die Palettierung die sogenannten Packspezifikationen, welche mithilfe des Migrationstools angelegt werden.
9. Lagerplätze und Produktionsversorgungsbereich
Bevor Sie Lagerplätze unter Verwendung des nächsten Migrationswerkzeugs migrieren, sollten alle offenen Belege (einschließlich Transportaufträge und Lieferungen) im WM abgeschlossen werden, damit keine Bestandsänderungen mehr vorgenommen werden und vorübergehende Sperren aufgehoben sind. Da Lagerplätze im EWM im Gegensatz zu denen im WM über Lagertypen hinweg eindeutig sein müssen, kann eine Anpassung der Bezeichnung in diesem Schritt notwendig werden. Nach dem Laden der Lagerplätze im neuen System sollten Sie noch den Produktionsversorgungsbereich von ERP nach EWM replizieren, sollten Sie einen haben/benötigen.
10. Bestandsdaten
Die Migration der Bestände ist einer der letzten Schritte der Migration, da hierfür das Tagesgeschäft, in welchem ständig Bestandsänderungen vorgenommen werden, eingestellt werden muss. Bei der Bestandsmigration ist höchste Vorsicht geboten, damit diese reibungslos und ohne Verluste erfolgt. Im Grundlegenden werden Bestände vorerst ins EWM übertragen, geprüft und erst dann die Bestände im WM-System ausgebucht. Für die korrekte Übertragung der WM-Bestände auf die neuen EWM-Lagerplätze können (v.a. bei einer Neustrukturierung) einige BAdI-Anpassungen notwendig sein.
11. Umstellung der Kommunikation zwischen ERP und EWM-System
Zuletzt sollten Sie das LE-WM-Verteilungsmodell ändern. Das Verteilungsmodell zeigt an, dass das ERP-System in Zukunft mit dem EWM-System kommunizieren soll.
Fazit: Mit Planung und Struktur zur erfolgreichen Migration
Eine Migration von SAP WM zu SAP EWM klingt leider nicht nur aufwendig, sondern ist es in gewissem Maße auch und sollte definitiv nicht unterschätzt werden! Daher benötigt dieser Schritt eine gute Planung und strukturierte Vorgehensweise. Natürlich ist der Aufwand dabei immer individuell zu betrachten, da jedes Lager unterschiedlich ist, beginnend bei der Größe des Lagers sowie der Anzahl der lagernden Waren.
Wir bei der Flexus haben bereits vielen Kunden bei entsprechenden Projekten geholfen und kennen die Fallstricke, die dieses Vorhaben mit sich bringt.
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