Ob für den Versand oder die Produktionsversorgung: Wenn Ware das Lager verlassen soll, ist die Kommissionierung der erste Schritt im Auslagerungsprozess. Kommissionierung (englisch: Picking) ist die Entnahme der angeforderten Produkte aus dem Lager bzw. die Zusammenstellung dieser. Damit die Kommissionierung möglichst optimiert abläuft, können Sie unterschiedliche Methoden, sogenannte „Kommissioniertechniken“, einsetzen.

Welche Möglichkeiten für die Kommissionierung gibt es, welche Vor- und Nachteile bringen diese mit sich und was ist entscheidend bei der Auswahl der richtigen Kommissioniertechnik? Es gibt viele Fragen und noch mehr Antworten zu diesem Thema. Lassen Sie uns etwas Licht ins Dunkel bringen!

Kommisionierarten – Manuell oder automatisiert?

Bei der Auswahl der richtigen Kommissioniertechnik ist unter anderem der Aspekt wichtig, wie Sie Ihre Ware im Lager bewegen.

Person-zur-Ware- / Mann-zur-Ware-Kommissionierung

Dies ist wohl die älteste Form der Kommissionierung. Hier wird die Ware von einem Lagermitarbeiter selbständig aus dem Regal oder vom Lagerplatz geholt. Dabei kann er Hilfsmittel wie z. B. einen Stapler für schwere Paletten sowie höher gelegene Lagerplätze oder einen Kommissionierwagen (Pick-by-Cart) für Kleinteile nutzen. Diese Art der Kommissionierung benötigt bei großen Lägern oft viel Personalaufwand und Zeit, führt zu langen Laufwegen für Ihre Mitarbeitenden und kann fehleranfällig sein. Dahingegen können Sie flexibel auf Änderungen reagieren, es gibt weniger Stillstand und Sie benötigen meist keine teure Technik.

Ware-zur –Person- / Ware-zum-Mann-Kommissionierung

Bei dieser Kommissionierart wird der Kommissionierprozess voll- oder halbautomatisiert. Es können sowohl automatisierte Lagerarten wie z. B. ein Autostore Lager oder Kommissionier-Roboter eingesetzt werden. Durch die Automatisierung können Sie Lagerkapazitäten besser ausnutzen, Laufwege für Mitarbeiter reduzieren und Kommissionier-Fehlern entgegenwirken. Außerdem steigern Sie die Produktivität des Lagers erheblich. Jedoch ist die Auslagerung für nicht jede Art von Ware einfach automatisierbar. Oft kommt es bereits bei der Vereinheitlichung der Kommissionierprozesse für die systemische Abbildung zu Schwierigkeiten. Eine Automatisierung bietet sich also vor allem an, wenn bestimmte „Regeln“ festgelegt werden können, d. h. sich bestimmte Abläufe wiederholen oder ähnliche Ware gelagert wird. Auch müssen Sie damit rechnen, dass durch einen Systemausfall oder Wartungszeiten die Kommissionierung teilweise stillstehen kann.

Kommissionierausführung – Pick-by-Paper / Pick-by-Scan

Grundlegend für die Kommissionierung ist, dass die Lagermitarbeitenden wissen, welche Produkte sie zusammenstellen müssen und wo sie diese finden. Außerdem muss eine Prüfung bzw. Dokumentierung des Kommissioniervorgangs stattfinden. Die notwendigen Informationen können sowohl in Form einer Kommissionierliste auf Papier oder über mobile Endgeräte, Scanner oder Staplerterminals bereitgestellt werden. Meist sind zu kommissionierende Produkte nach bestimmten Regeln sortiert, sodass sich der Mitarbeitende bei der Kommissionierung auf einem optimierten Weg durch das Lager bewegt. Entnimmt er Ware aus einem Lagerplatz, vermerkt er das entweder schriftlich auf seinem Papier (Pick-by-Paper) oder kann den Schritt per Scan eines Barcodes bestätigen (Pick-by-Scan).

MDE Gerät
Beim Pick-by-Scan bestätigt der Kommissionierer die Warenentnahme per Scan.

Sie möchten papierlos arbeiten und ihre Lageraktivitäten mit mobilen Lösungen unterstützen? Lernen Sie unsere breite Palette an Apps kennen!

Kommissioniertechniken im Überblick

Um Lageraktivitäten immer mehr zu optimieren, gibt es bereits einige Hilfsmittel, die die heutige Technik der Logistik bereitstellt. Welche Technik sinnvoll ist, ist von vielen Faktoren abhängig, u. a. kann Folgendes ausschlaggebend für eine Entscheidung sein:

  • Größe und Beschaffenheit des Lagers
  • Art und Menge der zu kommissionierenden Ware
  • Kosten und Aufwand für notwendige Technik und Systeme sowie die Einrichtung und Mitarbeiterschulungen
  • Möglichkeit, Prozesse zu vereinheitlichen

Pick, Pack and Pass

Bei dieser Kommissioniermethode wird eine Kiste oder ein ähnlicher Behälter über ein Förderband von einem Arbeitsplatz zum nächsten weitergeleitet. An jedem Arbeitsplatz steht je ein Mitarbeiter, der eine Handvoll Produkte in Reichweite hat, die er einfach per Hand in die Box packen kann, bevor diese zum nächsten Arbeitsplatz weitergeleitet wird. Diese Technik wird in Lägern eingesetzt, in denen durchgängig viele Positionen zu kommissionieren sind. Je Position wird dabei aber nur eine geringe Menge kommissioniert.

Pick-by-Light

Bei der Pick-by-Light-Technologie ist das Lagerregal mit Lampen ausgestattet, die dem Kommissionierenden per Lichtsignal anzeigen, aus welchem Fach Ware zu entnehmen ist. Zusätzlich befinden sich am Regal meist digitale Anzeigen, die die Stückzahlen in den Fächern anzeigen. Die entfernte Menge wird entweder automatisch durch Sensoren registriert oder per Knopfdruck durch den Mitarbeiter bestätigt. Es ist sowohl möglich, dass die Positionslampen alle gleichzeitig aufleuchten und der Mitarbeiter selbstständig die Reihenfolge seiner Picks bestimmt (parallele Kommissionierung) oder immer nur ein Fach aufleuchtet (serielle Kommissionierung). Auch diese Technik eignet sich eher für die Kommissionierung von Kleinteilen in geringen Stückzahlen. Außerdem sollte der Aktivitätsbereich im Lager überschaubar sein, damit der Lagerarbeiter kein Lichtsignal übersieht.

Pick-by-Vision

Pick-by-Vision bezeichnet die Kommissionierung mit Datenbrille. Hier erhält der Kommissionierer Daten per Augmented Reality. Je nachdem, wo der Lagermitarbeiter sich im Lager befindet, lassen sich passende Informationen in dessen Blickfeld anzeigen. Das können z. B. folgende sein:

  • Informationen zum Auftrag
  • Zu kommissionierende Produkte und deren Position im Regal
  • Hilfe bei der Navigation durch das Lager / zum nächsten Pick

Durch die Pick-by-Vision-Technik ist schnell die richtige Ware im Lager auffindbar. Außerdem sind immer diejenigen Informationen zu sehen, die zum aktuellen Zeitpunkt relevant für den Kommissionierer sind. Datenbrillen bieten ein papierloses Arbeiten und haben ein geringes Fehlerpotential. Eine gute W-LAN-Abdeckung im gesamten Lager ist aber erforderlich.

Pick-by-Voice

Für die Pick-by-Voice-Technologie trägt der Kommissionierer ein Headset, über das er Sprachbefehle erhält. Seinen Kommissioniervorgang kann er dann über das Headset mit Sprache bestätigen. Pick-by-Voice-Geräte können in unterschiedlichen Sprachen funktionieren. Auch Dialekte erkennen moderne Systeme bereits gut. Somit ist es möglich, dass der Mitarbeiter in einer Sprache kommissioniert, in der er sich sicher fühlt.

Pick-by-Motion

Bei dieser Kommissioniertechnik arbeitet der Lagermitarbeiter nur mithilfe von Gesten, die über Kameras erfasst werden. Für die Bestätigung eines Kommissionierschrittes wird z. B. ein Daumen nach oben in die Kamera gezeigt. Während der gesamten Kommissionierung hat der Mitarbeiter die Hände frei und kann entspannt seine Tätigkeiten ausführen, ohne jedes Mal seinen Scanner zur Hand nehmen zu müssen.

Pick-by-Robot

Wie der Name schon vermuten lässt, ersetzt hier eine Maschine den Kommissionierer oder unterstützt ihn bei seiner Arbeit. Diese Technik kann unterschiedlich aussehen. In vielen Lägern wird heutzutage schon mit AGVs (Automated Guided Vehicles) gearbeitet. Das sind Roboter, die sich führerlos durch das Lager bewegen und ganze Paletten oder Kisten mit den zu kommissionierenden Produkten aus dem Lager holen und zur nächsten Station, z. B. einem Packplatz, transportieren. Es gibt auch spezielle Greifarme, die durch ihre Saugnäpfe Kleinteile ansaugen und von einer Box in eine andere umsetzen können. Der Roboter kann durch diese Technik für einen Menschen ermüdende Aufgaben übernehmen. Dieser lässt sich auch ohne Pausen einsetzen, wodurch Sie Ihren Durchsatz enorm steigern können. Wenn Sie bereit sind, die entstehenden Kosten für die Einrichtung auf sich zu nehmen, bietet diese Technik in Zeiten des Fachkräftemangels sehr hohe Chancen.

AGV
Mit Hilfe von AGVs können Sie den Transport Ihrer zu kommissionierenden Produkte automatisieren.

Kommissionierung mit SAP EWM

SAP Extended Warehouse Management (SAP EWM) erlaubt es Ihnen, die Möglichkeiten der oben genannten Kommissioniertechniken voll auszuschöpfen. Mithilfe der spezifischen Konfigurationsmöglichkeiten können wir Ihre Kommissionierprozesse Ihren Wünschen entsprechend anpassen. Unter anderem können folgende Funktionen für die Optimierung Ihrer Prozesse ausschlaggebend sein:

Single-Order- und Multi-Order-Picking

Agieren Sie ganz nach dem Prinzip „Wenn ich schonmal hier bin, kann ich das auch gleich mitnehmen“, indem Sie gleich mehrere Lieferungen auf einmal kommissionieren.

Kommissionierung über Pick-Point (K-Punkt)

Ein Hochregalstapler stellt die Palette zunächst vor das Regal und ein anderer Mitarbeiter bringt die Ware zum Packplatz / Warenausgang? Durch die layoutorientierte Lagerungssteuerung in SAP EWM können Sie feste Zwischenstationen in Ihrem Auslagerungsprozess definieren. Dadurch lassen sich auch Ressourcenwechsel einfach abbilden. Wird keine Vollpalette benötigt, sondern am Pick-Point ein Teil der Palette umgepackt, kann die Rücklagerung der Restmenge ohne Probleme eingestellt werden.

Optimierung durch Aktivitätsbereiche

Mithilfe von Aktivitätsbereichen können Lagerplätze für bestimmte Aktivitäten (z. B. Kommissionierung) gruppiert und in einer sinnvollen Reihenfolge sortiert werden. Ein Beispiel ist die alternierende Sortierung nach Gang. Somit muss der Mitarbeiter nicht den gesamten Gang wieder zurücklaufen, um im nächsten Gang wieder vorne zu beginnen, sondern kann sich in Schlangenlinien durch das Lager bewegen.

Flexible Erstellung von Lageraufträgen

In SAP EWM werden Lagerbewegungen mithilfe von Lageraufgaben abgebildet. Diese werden anhand von Lageraufträgen gruppiert und können innerhalb dieser nach gewissen Prinzipien sortiert werden. Dadurch können Sie z. B. abbilden, dass zunächst mehrere Produkte aufgenommen und anschließend abgesetzt werden und nicht jedes Produkt einzeln kommissioniert werden muss.

Kommissionierung mithilfe von Queues

Mithilfe von Queues lassen sich die Bewegungen im Lager und der Einsatz von Ressourcen strukturieren. So kann es z. B. eine Queue geben, die nur Lageraufträge für die Kommissionierung in einem bestimmten Bereich des Lagers beinhaltet.

Fazit

Wie Sie sicherlich gemerkt haben, gibt es sehr weitreichende Möglichkeiten, die Kommissionierung im Lager mit SAP EWM durchzuführen. Es gibt bereits einige durchdachte Lösungen in der Logistik, die Kommissionierprozesse durch Digitalisierung, Automatisierung bis hin zu Künstlicher Intelligenz optimieren und in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen werden. Viele der oben genannten Techniken sind in den meisten Lägern in Kombination zu finden. Hier arbeiten Mensch und Maschine immer näher zusammen. Und es stellt sich die Frage: Wird in Zukunft nicht mehr die Technik den Menschen bei Ausführung seiner Tätigkeiten, sondern der Mensch die Technik unterstützen? Mit SAP EWM können auch Sie den nächsten Schritt in Richtung Zukunft gehen. Wir begleiten Sie mit unseren SAP-Lösungen gerne auf diesem Weg!