Lageraufträge stellen das Herzstück des Systems SAP Extended Warehouse Management (SAP EWM) dar. Es handelt sich dabei um die Belege, mit welchen jede Materialbewegung im Lager durchgeführt wird. Im Folgenden möchten wir Ihnen eine Erläuterung der wichtigsten Funktionen und Fachbegriffe in Bezug auf die Durchführung dieser Lageraufträge mitgeben.

Lageraufgabe, Lagerauftrag und Aktivitätsbereich

Eine einzelne Bewegung eines Produkts oder einer Handling Unit (= Gebinde, Abkürzung HU) nennt sich Lageraufgabe (Abkürzung LB, engl. Warehouse Task). Lageraufgaben werden nach Produkt-LBs und HU-LBs unterschieden. Bei HU-LBs werden komplette Handling Units von A nach B bewegt, während bei Produkt-LBs ein Teil der Bestandsmengen bewegt wird. HU-LBs werden in erster Linie für die Durchführung von mehrstufigen Lagerbewegungen verwendet.

Ein Lagerauftrag (Abkürzung LA, engl. Warehouse Order) beinhaltet eine Anzahl von beliebig vielen Lageraufgaben. Ein Lagerauftrag wird immer durch eine Person am Stück durchgeführt, bevor der nächste Lagerauftrag begonnen wird, und kann nicht parallel von mehreren Personen bearbeitet werden. Es ist jedoch möglich, die Bearbeitung eines Lagerauftrags zu unterbrechen und durch eine andere Person fortsetzen zu lassen. Auch für die Inventur werden Lageraufträge genutzt. In diesem Fall enthält der Lagerauftrag keine Lageraufgaben, sondern Inventurbelegpositionen.

Über Aktivitätsbereiche wird gesteuert, in welchem Lager ein Lagerauftrag durchgeführt werden muss. Aktivitätsbereiche werden auf Basis der Lagertopologie und des Prozesses definiert. Sofern eine Lageranforderung (Anlieferung, Auslieferungsauftrag oder Produktionsmaterialanforderung) Produkte aus verschiedenen Aktivitätsbereichen benötigt, erzeugt das System automatisch einen Lagerauftrag je Aktivitätsbereich. Über die Definition von Lagerauftragserstellungsregeln kann die Lagerauftragserstellung weiter beeinflusst werden. So können bspw. Filter und Grenzwerte definiert werden, um die Größe von Lageraufträgen zu begrenzen oder getrennte Lageraufträge für Voll- und Teilentnahmen zu erstellen. Auch Single-Order-Picking kann über Lagerauftragserstellungsregeln erreicht werden.

Mit der richtigen Lagerungssteuerung Bewegungen definieren

SAP bietet zwei grundlegende Arten der Lagerungssteuerung an. Mit Hilfe der layoutorientierten Lagerungssteuerung (LOLS) können mehrstufige Lagerbewegungen abgebildet werden, welche eine Übergabe von einer Ressource an eine andere erfordern. Über die prozessorientierte Lagerungssteuerung (POLS) können ebenfalls mehrstufige Bewegungen abgebildet werden, indem zusätzliche Arbeitsschritte wie Dekonsolidieren, Verpacken oder Verladen definiert werden. Die beiden Lagerungssteuerungen können miteinander kombiniert werden und erfordern zwingend den Einsatz von Handling Units.

Verschiedene Wege zur Erzeugung von Lageraufträgen

Die Erzeugung von Lageraufträgen kann über verschiedene Wege stattfinden. Sie kann manuell zur Lageranforderung, automatisch über PPF-Aktionen (Post-Processing-Framework), über das Wellenmanagement oder über die Anwendungen für die erweiterte Produktionsintegration erfolgen.

Zuweisung von Lageraufträgen anhand von Queues und Ressourcen

Für die mobile Datenerfassung müssen zunächst Ressourcen definiert werden. Eine Ressource (ein Flurförderfahrzeug, eine Lagerrolle oder ein Lagermitarbeiter) bearbeitet Lageraufträge, welche aus 1 – n Lageraufgaben bestehen.

Um Lageraufträge sinnvoll an Ressourcen zu verteilen, werden sogenannte Queues verwendet, welche eine Reihe an Lageraufträgen zur Ausführung beinhalten können. Anhand von festgelegten Regeln ordnet das System Lageraufträge automatisch einer Queue zu. Beispiele für Queues sind die Unterteilung nach Einlagerungen, Auslagerungen und Umlagerungen. Queues werden wiederum Ressourcengruppen zugewiesen. 
Über diese Verknüpfungen wird gesteuert, auf welche Queue(s) eine Gruppe von Ressourcen zugreifen darf. Weiterhin wird dadurch entsprechend ausgesteuert, welche Lageraufträge eine Ressource bearbeiten darf und in welcher Reihenfolge die Zuweisung der Lageraufträge durch das System erfolgt. So gelangt die Ressource am Ende zu einer Queue mit mehreren Lageraufträgen, die sie nacheinander abarbeiten kann. 

Über das Customizing und die Stammdatenpflege lassen sich weitere Regeln für die Zuweisung von Lageraufträgen zu Ressourcen definieren, wie bspw. die Erreichbarkeit von Lagerplätzen durch Platzzugriffstypen.

Die Zuweisung des zu bearbeitenden Lagerauftrags zur Ressource kann in der mobilen Datenerfassung über verschiedene Optionen erfolgen:

  1. Systemgeführt: Das System ermittelt komplett automatisch den nächsten zu bearbeitenden Lagerauftrag zur Ressource, weist diesen zu und springt in das Quittierbild. Dabei werden die Queues gemäß der Reihenfolge der Zuordnung zur Ressourcengruppe abgearbeitet. Die Priorisierung der Lageraufträge erfolgt nach den Feldern „Spätester Starttermin“ und „Priorität“.

  2. Systemgeführt – Queue: Der Anwender wählt selbst durch Eingabe die zu bearbeitende Queue aus und bekommt aus dieser Queue automatisch den nächsten Lagerauftrag vom System zugewiesen.

  3. Halb-Systemgeführt: Wenn zur Queue des zugewiesenen Lagerauftrags die Einstellung „Halb-Systemgeführt“ gesetzt ist, ordnet das System der Ressource nicht automatisch einen Lagerauftrag zu, sondern der Anwender wird unter Angabe eines Lagerplatzes aufgefordert den Lagerauftrag durch das Scannen eines HU-Barcodes auf Sicht auszuwählen. Dies ist z. B. für die Einlagerung von Wareneingangszonen oder für die Aufnahme von HUs an Übergabeplätzen sinnvoll, wenn Gebinde dort im Block stehen und Suchaufwände für die Anwender reduziert werden sollen.

  4. Manuelle Selektion: Bei der manuellen Selektion gibt der Anwender eines oder mehrere Selektionskriterien an und sucht damit nach einem geeigneten Lagerauftrag für die Bearbeitung, bspw. durch Eingabe der Lagerauftragsnummer, Lieferungsnummer oder Handling Unit.

  5. Doppelspiel: Beim Doppelspiel wechselt das System bei der systemgeführten Auftragszuweisung automatisch zwischen definierten Queues hin und her, um darüber Wegzeiten und Leerfahrten zu reduzieren.

Quittierung von Lageraufgaben über mobile Endgeräte

Die Quittierung von Lageraufgaben über die mobile Datenerfassung unterscheidet sich erheblich von der Quittierung über die Desktop-Transaktionen. In der mobilen Datenerfassung werden vom Anwender zwingende Verifikationen in Form von Barcode-Scans verlangt, bevor die Quittierung erfolgen kann. Dadurch wird die Prozesssicherheit signifikant erhöht. Außerdem wird eine Lageraufgabe in diesem Szenario immer zweimal quittiert: Bei der ersten Quittierung erfolgt die Entnahme des Produkts vom Vonlagerplatz auf die Ressource und bei der zweiten Quittierung erfolgt der Transport von der Ressource auf den Nachlagerplatz. Im System ist auf diese Weise zu jederzeit transparent sichtbar, wo sich die Ware aktuell befindet, und der leer gewordene Vonlagerplatz kann sofort wieder belegt werden. Außerdem ist es somit möglich, mehrere Entnahmen durchzuführen und diese dann auf die Ziellokationen zu verteilen, um die Effizienz zu steigern.

Weitere Funktionen der mobilen Datenerfassung in SAP EWM

  • Pick & Pack: Kommissionier-HUs können vom System automatisch oder durch den Anwender manuell angelegt und verwendet werden.

  • Ausnahmecodes: Über Ausnahmecodes können verschiedene System-Verhaltensweisen für unterschiedliche Ausnahmeszenarien abgebildet werden, z. B. bei Mengendifferenzen, Mengen-Splits oder der Änderung des Nachlagerplatzes durch den Anwender.

  • Sammelkommissionierung: Über die Sammelkommissionierung können mehrere Lageraufgaben, welche auf Bestand derselben Handlung Unit mit gleichem Produkt, Charge und Bestandsart zugreifen, in der mobilen Datenerfassung gebündelt und auf einmal quittiert werden.

  • Blocklager: In Blocklagern gibt SAP EWM in der Lageraufgabe nicht die konkreten zu entnehmenden Handling Units vor, sondern lediglich Lagerplatz, Produkt, Charge und Anforderungsmenge. Der Anwender wählt die entnommenen Handling Units durch Barcode-Scans aus.

  • Einlagerinventur: Bei der Einlagerung auf einen Lagerplatz fordert das System den Anwender direkt zu einer vereinfachten Inventurzählung auf, sofern der Bestand auf dem Lagerplatz einen Grenzwert unterschreitet und der Platz in der aktuellen Inventurperiode noch nicht gezählt wurde.

  • Niederbestandsinventur / Nullkontrolle: Bei der Auslagerung von einem Lagerplatz fordert das System den Anwender direkt zu einer vereinfachten Inventurzählung auf, sofern der Bestand auf dem Lagerplatz einen Grenzwert unterschreitet und der Platz in der aktuellen Inventurperiode noch nicht gezählt wurde.

  • Generische Lageraufgaben: Dabei gibt SAP in der Lageraufgabe nur den Nachlagertyp oder nur Nachlagertyp und Nachlagerbereich vor. Der Anwender wählt den konkreten Lagerplatz durch Scannen selbst aus.

Flexus App „Lageraufträge bearbeiten“ für die mobile Ausführung

Für die Abarbeitung von Lageraufträgen durch die Lagermitarbeiter bietet Flexus die mobile App „Lageraufträge bearbeiten“ an, welche einen sehr hohen Mehrwert zum SAP Standard bietet. Dabei werden sämtliche Prozesse wie bspw. Einlagerung, Kommissionierung, Produktionsversorgung, Nachschub und Umlagerung unterstützt.

Die Vorteile unserer App im Vergleich zum SAP-Standard haben wir für Sie in einem extra Beitrag zusammengefasst: Mobile App zum effizienten Bearbeiten von Lageraufträgen in SAP EWM